Kriege, Handelskriege, Klimakrise: Eine Vielfachkrise erschüttert die Weltwirtschaft. „Die alten Rezepte funktionieren nicht mehr – sie haben diese Krisen mitverursacht“, sagt Lena Gerdes, die ab Juli 2025 die Geschäftsführung von Attac Österreich übernimmt. Doch statt umzusteuern verschärfen die EU und die Mitgliedstaaten ihren neoliberalen Kurs, kritisiert Attac anlässlich des 25-jährigen Bestehens des globalisierungskritischen Netzwerks in Österreich.
Attac fordert ein neues Wirtschaftsparadigma, das auf Regionalisierung und Demokratisierung der Wirtschaft sowie auf Kooperation und Solidarität setzt. Eine solche Politik würde die Ursachen von Klima-, sozialen und geopolitischen Krisen an der Wurzel bekämpfen.
Falsche Antwort auf Donald Trumps Handelskrieg
„Trotz sozialer und ökologischer Krisen hält die EU mit zahlreichen Handelsabkommen am Kurs der Exportorientierung um jeden Preis fest. Das ist die falsche Antwort auf Donald Trumps Handelskrieg“, kritisiert Gerdes. Besonders problematisch ist das EU-Mercosur-Abkommen: Es fördert den Handel mit klimaschädlichen Autos und hochgefährlichen Pestiziden, bedroht indigene Gemeinschaften, den Amazonas-Regenwald und Arbeitsplätze auf beiden Kontinenten. Wo globaler Handel notwendig ist, sollte die EU auf echte Kooperation setzen – durch demokratisch ausgehandelte Abkommen, die Klimaschutz, Artenvielfalt sowie Menschen- und Arbeitsrechte verbindlich und sanktionierbar festschreiben.
Statt exzessivem globalem Warentausch fordert Attac eine Wirtschaftspolitik, die regionale und europäische Wertschöpfung sowie kurze, krisenfeste Lieferketten fördert. Dafür sind eine aktive Industriepolitik und gezielte öffentliche Investitionen in den sozial-ökologischen Umbau nötig. Ein geringerer Ressourcenverbrauch ist zudem ein wirksames Rezept gegen die Zuspitzung geopolitischer Konflikte. „Jetzt ist nicht die Zeit, klimaschädliche Industrien künstlich am Leben zu halten. Es braucht öffentliche Investitionen in Gemeingüter wie Bildung, Gesundheit und Pflege, leistbaren Wohnraum und einen starken öffentlichen Verkehr“, erklärt Gerdes.
Die alten Rezepte und Institutionen sind obsolet
Die Notwendigkeit eines neuen kooperativen Wirtschaftsparadigmas betont auch Kurt Bayer, ehemaliger Exekutivdirektor der Weltbank und Board Director in der Europäischen Bank für Wiederaufbau: „Die alten Konzepte und Institutionen sind obsolet. Jahrzehntelang haben die reichen Staaten ihre Vormachtstellung im IWF, in der WTO und in der Weltbank verteidigt – auf Kosten des Globalen Südens und der Schwellenländer. Deshalb existieren heute keine global anerkannten Institutionen mehr, um die Weltwirtschaft zu regeln. Statt Kooperation regiert geopolitisch immer öfter das Faustrecht des Stärkeren.“ Umso wichtiger sei der Einsatz von Attac für ein Wirtschaften, das auf Kooperation statt zerstörerischer Konkurrenz sowie auf soziale und ökologische Transformation setzt, erklärt Bayer.
Attac hat zentrale wirtschaftspolitische Debatten mitgeprägt
Attac hat seit der Gründung vor 25 Jahren zentrale wirtschaftspolitische Debatten angestoßen und mitgeprägt. In breiten nationalen und internationalen Allianzen ist es Attac gelungen, wichtige Projekte der neoliberalen Globalisierung zu stoppen – etwa die Ausweitung der WTO-Abkommen, Handelsabkommen wie TTIP oder Privatisierungen der Daseinsvorsorge. Lange vor der Finanzkrise 2008 hat Attac vor den Gefahren unregulierter Finanzmärkte und des übermächtigen Finanzsektors gewarnt und Regulierungen gefordert. Lange vor Steuerskandalen wie LuxLeaks und vielen anderen hat Attac die Schließung von Steuersümpfen und eine gerechte Besteuerung internationaler Konzerne thematisiert. Bereits Anfang der 2000er Jahre hat Attac auf die Gefahren der zunehmenden Konzentration von privaten Vermögen und wirtschaftlicher Macht hingewiesen und sich für einen fairen Beitrag der Reichsten eingesetzt.
Zugleich hat Attac eine Vielzahl von konkreten sozial-ökologischen Alternativen mit auf den Weg gebracht. “Wir brauchen weiterhin eine starke globalisierungskritische Bewegung, um die Handels- und Wirtschaftspolitik im Interesse der Menschen und der Umwelt neu zu gestalten”, erklärt Attac Mitbegründerin Alexandra Strickner.
Veränderung ist eine Frage von sozialen Kämpfen
„Gesellschaftliche Veränderung ist nicht vorrangig eine Frage von innovativen Vorschlägen, sondern eine Frage von sozialen Kämpfen und Machtverhältnissen. In welche Richtung sich die Machtverhältnisse verschieben, hängt auch davon ab, wie wirksam soziale Bewegungen wie Attac die gegenwärtigen Machtstrukturen durch Widerstand und alternative Vorschläge herausfordern können“, erklärt Lena Gerdes abschließend.
Hintergrund:
Veranstaltungshinweis:
Von 19. bis 21. Juni 2025 feiert Attac das 25-jährige Bestehen mit einem großen dreitägigen Festival mit internationalen Gästen wie Didier Eribon, Diskussionen, Workshops & Konzerten.
25 Jahre Attac. Das Festival.
Donnerstag, 19. Juni bis Samstag, 21. Juni 2025 (Fronleichnam)
WUK – Werkstätten- und Kulturhaus, Währinger Straße 59, 1090 Wien
Das Festival bietet Interviewmöglichkeiten mit nationalen und internationalen Gästen. Eintritt frei für Medienvertreter*innen. Akkreditierung: presse @attac.at