In einem gemeinsamen offenen Brief fordern jetzt Arbeiterkammer, ÖGB, Attac, Global 2000, Greenpeace und die Plattform Anders Handeln die Bundesregierung auf, einem koordinierten Ausstieg der EU und aller EU-Mitgliedstaaten aus dem Energiecharta-Vertrag (ECV) zuzustimmen.
Der ECV ist ein internationales Abkommen, das Energiekonzernen die Möglichkeit gibt, Staaten vor privaten Schiedsgerichten zu verklagen, wenn sie Maßnahmen zum Klimaschutz, Energiepreisdeckel oder eine Übergewinnsteuer umsetzen wollen. Der Vertrag ist ein “Klimakiller” und auch angesichts der Inflationskrise höchst problematisch.
Die seit dem Jahr 2019 laufenden Verhandlungen über die Reform des Energiecharta-Vertrags sind politisch gescheitert, da es unter den EU-Staaten keine erforderliche Mehrheit dafür gibt. Selbst die EU-Kommission schlägt mittlerweile einen koordinierten Ausstieg vor. Sieben Mitgliedstaaten, darunter Deutschland, Frankreich, Spanien und die Niederlande, haben ihren Ausstieg bereits angekündigt. Damit steigt der Druck auf die österreichische Bundesregierung für einen Ausstieg aus dem Energiecharta-Vertrag.
Ausstieg noch vor der Energiecharta-Konferenz im April nötig
Ministerin Leonore Gewessler und Minister Martin Kocher verkündeten im November 2022 gemeinsam, einen österreichischen Ausstieg aus dem Vertrag ”zu prüfen”. Seitdem ist jedoch noch keine Entscheidung gefallen. “Angesichts der entscheidenden Energiecharta-Konferenz im April 2023 fordern wir den koordinierten Ausstieg der EU und aller EU-Mitgliedstaaten aus dem ECV beziehungsweise - sollte dies nicht gelingen - den Ausstieg Österreichs”, so die Absender*innen des offenen Briefs.
Energiecharta-Vertrag nicht mit Klimaschutz, Energiewende und Demokratie vereinbar
Der Energiecharta-Vertrag ist ein Hindernis für die Energiewende und für die im Pariser Klimavertrag vereinbarte Einhaltung des 1,5 Grad Temperaturlimits. Er beinhaltet umstrittene Sonderklagerechte, die mit den Prinzipien von Rechtsstaatlichkeit und Demokratie unvereinbar sind. Diese werden von Konzernen auch intensiv genutzt: Mit 157 bekannten Fällen ist der Energiecharta-Vertrag das Investitionsabkommen mit den meisten Streitfällen weltweit. Dabei mussten Staaten bisher mehr als 45 Milliarden Euro an Energiekonzerne und Investoren zahlen.
Daran ändert auch die Reform kaum etwas. Die Möglichkeit für ausländische Konzerne, Staaten wegen Klimaschutzmaßnahmen, wegen eines Energiepreisdeckels oder einer Übergewinnsteuer zu verklagen, bleibt weiterhin aufrecht. Selbst der Schutz für fossile Energien bleibt noch jahrelang bestehen. Atomenergie wird gar ohne Änderungen weiter geschützt bleiben. Die Regierung soll sich nicht länger mit einer Reform des aus der Zeit gefallenen Energiecharta-Vertrags aufhalten, sondern rasch Schritte für Klimaschutz und einen sozial gerechten Übergang setzen.