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UN-Verhandlungen in Wien: EU will Sonderklagerechte für Konzerne ausweiten

Beispiele zeigen: Sonderklagerechte gefährden Klimaschutzmaßnahmen

Ab heute werden bis 19. Oktober in Wien im Rahmen der UN-Kommission für internationales Handelsrecht (UNCITRAL) die Gespräche über einen neues Sonderjustizverfahren für Konzerne, den „Multilaterales Investitionsschiedssystem“ (MIC) fortgeführt. Die EU-Kommission versucht über die Einrichtung dieses Systems auf multilateraler Ebene die umstrittenen Sonderklagerechte für Investoren (ISDS) so festzuschreiben. (1) Attac Österreich protestiert gemeinsam mit zahlreichen anderen zivilgesellschaftlichen Organisationen mit einer internationalen Aktionswoche und fordert Sonderklagerechte für Konzerne grundsätzlich abzuschaffen.

„Die EU verkauft den MIC als Reform, dabei wird jedoch nur das Verfahren verändert, die problematischen Punkte der Paralleljustiz nicht angetastet. Konzerne können damit weiterhin Staaten vor Schiedsgerichten auf hohe Schadenersatzsummen verklagen, wenn sie ihre Profite durch neue oder geplante Gesetze gefährdet sehen“, kritisiert Alexandra Strickner von Attac Österreich.

  • Auch der geplante MIC ist eine Einbahnstraße: Konzerne und ausländische Investoren können Staaten weiterhin auf Schadenersatz verklagen, aber Staaten haben keinerlei Möglichkeit, Konzerne zu verklagen.
  • Die materiellen Rechte für Konzerne und ausländische Investoren, die in entsprechenden Investitionsabkommen festgeschrieben sind, werden nicht angetastet.
  • Auch der geplante MIC umgeht staatliche, auf demokratischen Prinzipien beruhende Gerichte und hat mit einem echten Gerichtshof wenig gemeinsam. Die Schiedsrichter*innen sollen wie bisher aus einem kleinen Club internationaler Anwaltskanzleien ausgewählt, die an den Verfahren verdienen und somit ein Eigeninteresse an Konzernklagen gegen Staaten haben.

Klagen mit hohen Schadenersatzforderungen gegen Klimaschutzmaßnahmen nehmen zu

Die Ausweitung der Sonderklagerechte gefährdet auch die Energiewende. Immer öfter klagen Konzerne der fossilen Energiewirtschaft mittels Sonderklagerechten (ISDS), um Klimaschutzmaßnahmen von Regierungen zu blockieren oder sich diese mit hohen Schadenersatzforderungen ausgleichen zu lassen. Die Gefahr besteht, dass Pläne zum Ausstieg aus fossilen Energien dann bis zur Unbrauchbarkeit abgeschwächt, zurückgezogen oder erst gar nicht geplant werden. Mit der Notwendigkeit der Energiewende steigt auch das Risiko von Konzernklagen. Beispiele sind etwa UNIPER vs. Niederlande aufgrund des geplanten Kohleausstiegs, Rockhopper vs. Italien, wo der englische Öl-und Gaskonzern Italien wegen des Verbots von Offshore-Ölbohrungen klagt, oder Lone Pine vs. Kanada, in dem der Konzern gegen das Verbot von Fracking vorgeht. (2)

Die EU versucht aber nicht nur durch den MIC Konzernprivilegien zu zementieren. Sie torpediert - ebenso wie die österreichische Bundesregierung - UN-Verhandlungen über ein Abkommen zu Wirtschaft und Menschenrechten (Binding Treaty), die zeitgleich mit der Wiener MIC-Woche in Genf in eine neue Runde gehen.

Aktionswoche und europäische Bustour "Rechte für Menschen, Regeln für Konzerne!" 
 
Anlässlich der Verhandlungen organisieren Attac Österreich, Deutschland und Frankreich einen Bus, der am 12.10. in Genf startet und auf dem Weg nach Wien in vielen Städten haltmacht. Vor Ort wird es Aktionen und Informationen über die Gefahren von Sonderklagerechten für Konzerne geben. Stationen in Österreich:

AKTIONSTOUR "Menschen vor Profite!"

Innsbruck: 16.10., 10:30 Uhr, Spitalskirche
Salzburg: 16.10., 17:00 Uhr, Am Platz
Wien: 17.10.,15:00 Uhr, vor dem Juridicum, Schottenbastei 10-16

16.10. Wien: Internationale Expert*innen diskutieren über Sonderklagerechte für Konzerne

"Investitionen ja - Sonderklagerechte für Konzerne nein!"

Am 16.10. diskutieren in Wien internationale Expert*innen, Verhandler*innen und österreichische Parlamentarier*innen über Alternativen zu Sonderklagerechten für Konzerne.

Mittwoch, 16. Oktober 2019 von 18:30 bis 20:30 Uhr
Younion, Maria-Theresien-Straße 11, 1090 Wien
Keynote:

Ein multilaterales Investitionsschiedssystem: Was sind die Alternativen?
•   Nathalie Bernasconi-Osterwalder, IISD (International Institute for Sustainable Development)

Podiumsdiskussion
•    Mustaqeem De Gama, Ständige Vertretung Südafrikas in Genf (angefragt)
•    Jan Krainer, Abgeordneter zum österreichischen Parlament, SPÖ
•    Leonore Gewessler, Abgeordnete zum österreichischen Parlament, Die Grünen
•    André von Walter, Vertreter der EU-Kommission bei UNICTRAL Verhandlungen
•    Nathalie Bernasconi-Osterwalder, IISD Moderation: Alexandra Strickner, Attac Österreich


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(1)    Weitere Infos

(2)    Uniper vs. Niederlande: https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/unternehmen/uniper-will-niederlande-wegen-kohleausstieg-verklagen-16377881.html
Rockhopper vs. Italien:
Lone Pine vs. Kanada:

Stopp ISDS