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WTO-Einigung bringt Liberalisierung statt Entwicklung

Attac sieht keinen ?Kompromiss?, sondern Sieg für die Industrieländer. GATS wiederauferstanden

Attac Österreich zeigt sich von der Einigung beim WTO-Treffen sehr enttäuscht. ?Die WTO hat zu alter Form zurückgefunden: Die reichen Länder haben den Verhandlungsprozess strukturell dominiert, die wichtigsten Texte vorformuliert und die Entwicklungsländer mit Scheinzugeständnissen und taktischen Verhandlungstricks ins Boot gezerrt?, so Christian Felber von Attac Österreich.

In Summe gibt es wenige Zugeständnisse für Entwicklungsländer, der Text läuft auf weitere massive Liberalisierung im Interesse der jeweils stärksten Industrien, auch im Agrar- und Dienstleistungsbereich hinaus. In Genf wurde allerdings nur ein Rahmenabkommen erzielt, die entscheidenden Detailverhandlungen folgen erst.

Landwirtschaft

Zwar wird der Abbau der Exportsubventionen der EU und der ?kredite der USA in Aussicht gestellt, allerdings ohne konkrete Termine und Prozentsätze. Noch wichtiger ist, dass die EU und USA ihre WTO-widrigen Subventionen weitgehend durch WTO-konforme Subventionen ersetzen können, z. B. durch Umschichtungen in die ?green box? oder durch die Ausweitung der ?blue box?. ?Damit ist die Ankündigung der Streichung von Exportsubventionen fast nichts wert?, so Felber. Erfreulich ist die Nennung von ?Speziellen Produkten? und ?Sicherungsmechanismen?, die den armen Ländern erlaubt, sich vor Dumpnig-Einfuhren zu schützen, die ihre Landwirtschaft zerstören würden. Auch hier müssen jedoch die Feinverhandlungen abgewartet werden. ?Und wenn sich die Industrieländer wieder durchsetzen, bleibt auch dieses Zugeständnis ein symbolisches?, so Felber.

Industriegüter

Hier hat sich der Text der Industrieländer, der bis zuletzt z. B. von den afrikanischen WTO-Mitgliedern gänzlich abgelehnt worden war, nun doch durchgesetzt. Einzig durch einen zusätzlichen Absatz werden Details offen gelassen. Die genauen Formeln, Prozentsätze und Termine stehen nicht fest. Doch der strukturelle Abbau von Industriezöllen ist ganz im Interesse und Geist der reichen Länder auf Schiene.

Dienstleistungen

Das GATS lebt wieder. Die WTO-Mitglieder verpflichten sich, bis Mai 2005 ihre Angebote zu machen. ?Die GATS-Pause war von kurzer Dauer. Trinkwasser, Bildung, soziale Dienste, Verkehr, Post und Energieversorgung sind ab sofort wieder in Gefahr?, so Felber.

Singapur-Themen

Obwohl in Cancún 90 Länder strikt gegen die Aufnahme über Verhandlungen zu jedem einzelnen der vier Singapur-Themen waren, wird nun über eines ? Handelserleichterungen ? verhandelt. ?Das ist zwar das am wenigsten schmerzvollste, doch gibt es für arme und ärmste Länder wirklich wichtigeres zu tun, als knappe Geldmittel in technische Handelserleichterungen zu stecken: zum Beispiel die Hungerbekämpfung?, so Felber.

In Summe haben sich Liberalisierungs- und damit die Industrieinteressen durchgesetzt. Zwischen dem letzten Entwurf von Freitag früh bis zur Einigung am Samstag Mitternacht war für viele Entwicklungsländer keine Zeit, die Texte auch mit ihren Hauptstädten rückzusprechen. ?Die WTO hat sich leider als das bewährt, wofür sie eingerichtet wurde: Eine Liberalisierungsorganisation ohne nennenswerte Entwicklungrücksichten?, so Felber abschließend.