Heute wird ab 13:30 im EU-Unterausschuss des Nationalrats zum Thema CETA diskutiert. Das Handelsabkommen zwischen der EU und Kanada ist bereits ausverhandelt und steht kurz vor der Abstimmung. Es enthält vieles, das uns auch mit TTIP droht, etwa die umstrittenen Sonder-Klagerechte für Konzerne.
CETA-Beschluss an Parlamenten vorbei?
Für den EU-Unterausschuss stehen zwei hoch aktuelle Themen im Zentrum, die den Abstimmungsprozess betreffen: die Fragen, ob CETA ein „gemischtes Abkommen“ ist (benötigt die Zustimmung aller Mitgliedsstaaten) oder in reine EU-Kompetenz fällt, und ob es zu einer „vorläufigen Anwendung“ kommt. Beide Punkte können dazu missbraucht werden, CETA auch gegen den Willen der Bevölkerung und über die Parlamente hinweg in Kraft zu setzen. „Aus unserer Sicht ist klar: Ein derart folgenreiches Abkommen für EU-BürgerInnen, Umwelt und Demokratie wie CETA muss als gemischtes Abkommen und ohne vorläufige Anwendung in den Ratifikationsprozess geschickt werden. Der EU-Unterausschuss des Nationalrats sollte der Vorlage des EU-Ausschusses des Bundesrates folgen und die österreichische Regierung hier klar mit dieser Vorlage binden.“, sagt Alexandra Strickner, Obfrau von Attac Österreich.
Vorläufige Anwendung: Was steckt dahinter?
Sollte CETA als gemischtes Abkommen behandelt werden, muss es in allen 28 Mitgliedstaaten im Parlament ratifiziert werden. Doch noch bevor das passiert ist, kann der Rat der HandelsministerInnen eine „vorläufige Anwendung“ beschließen. Damit würden Teile von CETA in Kraft treten, ohne dass es demokratisch beschlossen wurde. Welche das genau sind, entscheidet ebenfalls der Rat. Auch die umstrittenen Sonderklagerechte für Konzerne könnten enthalten sein. Die vorläufige Anwendung ist kaum rückgängig zu machen. Sie bleibt selbst dann in Kraft, wenn ein Mitgliedstaat im Ratifikationsprozess CETA ablehnen sollte – außer Kommission und Rat beschließen ihre Aufhebung. Ein mögliches Szenario lautet also: CETA wird als gemischtes Abkommen beschlossen und muss damit in den Mitgliedstaaten bestätigt werden. Doch zugleich werden diese mittels „vorläufiger Anwendung“ vor vollendete Tatsachen gestellt, die demokratische Entscheidung bedeutungslos gemacht.
EU-Unterausschuss kann Mitterlehner binden
Die EU-Kommission plant, ihren Vorschlag dazu am 5. Juli dem Rat der HandelsministerInnen vorzulegen. Der EU-Unterausschuss könnte Österreichs Vertreter Reinhold Mitterlehner jetzt schon binden, d.h. zu einem bestimmten Abstimmungsverhalten verpflichten. Das Bündnis TTIP Stoppen findet klare Worte: „Wir fordern den Ausschuss auf, seine demokratische Verantwortung wahrzunehmen. Die große Mehrheit der Bevölkerung ist gegen CETA und TTIP. Die Abgeordneten müssen dazu beitragen, dass sie verhindert werden. Schließlich hat der Nationalrat am 24. September 2014 in einer Entschließung festgehalten, dass er Schiedsgerichte ablehnt, dass öffentliche Dienstleistungen zu schützen sind und wichtige Schutzstandards für Umwelt, Gesundheit und ArbeitnehmerInnen nicht gesenkt werden dürfen. Diese Anforderungen sind mit CETA nicht erfüllt“, sagt Heidemarie Porstner, CETA-Sprecherin der Umweltschutzorganisation GLOBAL 2000. „Die logische Konsequenz muss sein, dass der EU-Unterausschuss Mitterlehner zu einem klaren Nein zu CETA auffordern. Er muss zeigen, dass er im Interesse der Menschen und der Umwelt handelt und nicht im Interesse der Konzerne.“
TTIP Stoppen wird mit zahlreichen VertreterInnen der Zivilgesellschaft vor Ort sein und den EU-Unterausschuss ab 13:30 per Livestream übertragen: https://www.ttip-stoppen.at/2016/06/20/live-ceta-im-parlament/
Das Bündnis TTIP Stoppen wird getragen von: Attac, GLOBAL 2000, ÖBV-Via Campesina Austria, Südwind und der Gewerkschaft PRO-GE.
Der offizielle CETA Fahrplan:
- 5. Juli 2016: Die EU-Kommission könnte den Vorschlag zur Genehmigung von CETA vorlegen.
- Ab 5. Juli bis Oktober 2016: CETA soll durch den EU-Ministerrat beschlossen werden. Es wird auch entschieden, ob die nationalen Parlamente überhaupt über CETA abstimmen UND ob der Vertrag schon vorläufig in Kraft tritt, also noch bevor nationale Parlamente darüber abstimmen (siehe unten "Wissen").
- Oktober 2016: Geplante Unterzeichnung des Vertrags zwischen Kanada und der EU durch die EU-Kommission, Mitgliedsstaaten und kanadische VertreterInnen in Brüssel. Minister Mitterlehner ist dabei an einen einstimmigen Beschluss der Bundesregierung gebunden.
- Frühestens Dezember 2016: Nach der Unterzeichnung wird der Vertrag zur Ratifikation an das EU-Parlament weitergeleitet und dort abgestimmt.
- Danach: Sofern CETA im Juli als „gemischtes Abkommen“ eingestuft wurde, folgen Abstimmungen in den nationalen Parlamenten. Dafür gibt es keinerlei zeitlichen Vorgaben; die Abstimmung kann auch erst nach Jahren erfolgen.
WISSEN:
Gemischt oder nicht gemischt: Worum geht es?
Heiß diskutiert wird derzeit die Frage, ob CETA als gemischtes Abkommen zu betrachten ist oder nicht. Hinter dem technischen Begriff verbirgt sich ein jahrelanger Machtkampf zwischen EU-Kommission und Mitgliedstaaten. Umfasst CETA Bereiche, für die ausschließlich die EU zuständig ist? Dann wäre es ein reines EU-Abkommen und müsste nicht von den 28 nationalen Parlamenten ratifiziert werden. Oder betrifft CETA die Kompetenzen der Mitgliedstaaten? Dann ist es ein gemischtes Abkommen und braucht die Zustimmung aller Volksvertretungen. Etliche Regierungen, darunter die österreichische, deutsche und französische, haben sich klar für letzteres ausgesprochen. Wichtigster Grund dafür sind die Schiedsgerichte, mit denen Konzerne Staaten verklagen können sollen. Das hält auch ein Rechtsgutachten des österreichischen Parlaments fest. Sollte die EU-Kommission CETA dennoch als reinen Vertrag behandeln, könnte der Rat diese Entscheidung nur mit einem einstimmigen Beschluss aufheben. Letztlich könnte CETA vor dem Europäischen Gerichtshof landen. Was wie eine rein juristische Angelegenheit klingt, ist also eine hochpolitische Frage – und der Versuch der EU-Kommission, das umstrittene Abkommen gegen den Willen der Bevölkerung durchzusetzen.
Vorläufige Anwendung: Was steckt dahinter?
Sollte CETA als gemischtes Abkommen behandelt werden, muss es in allen 28 Mitgliedstaaten im Parlament ratifiziert werden. Doch noch bevor das passiert ist, kann der Rat der HandelsministerInnen eine „vorläufige Anwendung“ beschließen. Damit würden Teile von CETA in Kraft treten, ohne dass es demokratisch beschlossen wurde. Welche das genau sind, entscheidet ebenfalls der Rat. Auch die umstrittenen Sonderklagerechte für Konzerne könnten enthalten sein. Die vorläufige Anwendung ist kaum rückgängig zu machen. Sie bleibt selbst dann in Kraft, wenn ein Mitgliedstaat im Ratifikationsprozess CETA ablehnen sollte – außer Kommission und Rat beschließen ihre Aufhebung. Ein mögliches Szenario lautet also: CETA wird als gemischtes Abkommen beschlossen und muss damit in den Mitgliedstaaten bestätigt werden. Doch zugleich werden diese mittels „vorläufiger Anwendung“ vor vollendete Tatsachen gestellt und die demokratische Entscheidung bedeutungslos gemacht.
Rückfragen & Kontakt:
Heidemarie Porstner, GLOBAL 2000, 0699 14 2000 52
heidemarie.porstner bzw. @global2000.atpresse @global2000.at
Madeleine Drescher, Attac Österreich, 0676 52 028 10
madeleine.drescher@attac.at