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EU-Agrarreform: „Durchbruch“ ist fauler Kompromiss

Anerkennung von Agrarumweltprogrammen macht Ökologisierung unwirksam

In der Nacht auf Mittwoch haben sich die EU-Agrarminister auf einen Kompromiss der irischen EU-Ratspräsidentschaft zur GAP-Reform geeinigt. Der zaghafte Versuch des Agrarkommissars Ciolos, die Gemeinsame Agrarpolitik zukünftig nachhaltiger zu gestalten und die Interessen der Gesellschaft zu berücksichtigen, wurde mit dieser Einigung weiter abgeschwächt, befinden die Österreichische Klein- und Bergbäuer_innenvereinigung ÖBV Via Campesina Austria und Attac Österreich.

Ciolos wollte die 40 Milliarden Euro, die in Form von Direktzahlungen an die europäischen Betriebe fließen, an verpflichtende Nachhaltigkeitskriterien koppeln. Die Agrarminister reduzierten die Verknüpfung auf knapp mehr als ein Drittel und weichten die Kriterien noch zusätzlich auf: Anstatt sieben Prozent der landwirtschaftlichen Fläche sollen nur 5 Prozent  als „Ökologische Vorrangfläche“ reserviert werden. „Zusätzlich sollen auf diesen Flächen auch Eiweißpflanzen wie Erbsen, Bohnen oder Soja angebaut werden dürfen. Das Gezetere um die angebliche Flächenstilllegung hat sich für die konservative Agrarlobby also gelohnt“, so Irmi Salzer von der ÖBV Via Campesina Austria. „Eiweißpflanzen sind wichtige Elemente der Fruchtfolge und hätten dementsprechend auch in eine verpflichtende Fruchtfolge aufgenommen werden sollen. Auf den ökologischen Vorrangflächen haben sie jedoch nichts verloren“, so Salzer weiter.

Besonders bedenklich findet es Salzer, dass der Beschluss im Agrarministerrat weiterhin an der sogenannten Doppelförderung festhält. Alle Betriebe, die an Agrarumweltprogrammen teilnehmen, sollen automatisch von den Ökologisierungsmaßnahmen ausgenommen sein. Das Europaparlament hatte diesen Vorschlag in seiner Abstimmung vom 13. März abgelehnt. „Dies würde das Greening zu einem „Greenwashing“ verkommen lassen. In Österreich könnten die ca.  75 % der österreichischen Betriebe, die am ÖPUL teilnehmen sowohl die Greening-Prämie der 1. Säule als auch die ÖPUL-Zahlungen lukrieren. Angesichts knapper werdender Gelder ist es nicht einzusehen, dass Förderungen an all jene verteilt werden, die nicht viel mehr tun, als den Status quo zu erhalten“, gibt Salzer zu bedenken.

Die ÖBV-Via Campesina und Attac haben sich in den letzten Jahren intensiv für ein GAP-Reform eingesetzt, die nachhaltig produzierte Lebensmittel für alle BürgerInnen Europas sicherstellt und keine negativen Auswirkungen auf die Länder des Globalen Südens zur Folge hat. „Die BürgerInnen Europas wollen eine Landwirtschaft, die weder Menschen noch die Umwelt ausbeutet und gutes Essen für alle produziert. Die Beschlüsse des Agrarministerrats zeigen leider, dass die Forderungen der Zivilgesellschaft ungehört verhallt sind. Anstatt Ernährungssouveränität für Europa anzustreben, setzt man weiterhin auf Produktionssteigerung und Exportorientierung. Eine historische Gelegenheit für eine andere Agrar- und Ernährungspolitik ist damit vertan“, zeigt sich Attac-Obfrau Alexandra Strickner enttäuscht.